Was passiert, wenn man ein Motormodell von der Hartpiste (im Gras wirken zwar dieselben Effekte, treten aber kaum in Erscheinung) starten will? Wenn man das nicht weiß, wird man stets die allerseltsamsten und bestenfalls zufälligen Steuerorgien fabrizieren, deren statistisches Mittel möglicherweise dazu führt, dass der Flieger tatsächlich abhebt.
Wir wollen auch mal festhalten: Was macht ihr denn, wenn ihr ein Modell fliegt, das einen SCALE-mäßigen Start hinlegen soll, statt nach wenigen Metern schier von der Piste gerissen zu werden? Nundenn, Spot on, damit das auch mal an's Licht kommt:
Wenn das Modell auf der Piste steht und der Motor hochgläuft, dann wird die Luft durch die Propellerdrehung mit einem
Drall nach hinten gedrückt. Dieser Drall wiederum bewirkt, dass das Seitenleitwerk
einseitig angeblasen wird, was geradeso wirkt, als würde man das Seitenruder betätigen. Mit dem Unterschied, dass dieser Effekt umso stärker eintritt, je langsamer der Flieger sich bewegt. Die Richtung entscheidet dabei allein die Drehrichtung des Propellers - logo. Ein Rechtsdreher wird das Fliegerle nach links zwingen und ein Linksdreher umgekehrt. Klar soweit? Gut.
Nun, um diesen Effekt etwas zu mildern, hat der Motor nicht nur einen Sturz (Motor zeigt leicht nach unten, um bei verschiedenen Gasstellungen/Geschwindigkeiten trotzdem die jeweilige Ausrichtung der Querachse beizubehalten), sondern auch einen Seitenzug. Beim Rechtsdreher schielt der Motor also ganz leicht nach rechts unten - wie immer in Fahrtrichtung gesehen. Doch das reicht gerademal, um den Vortrieb im Bereich der Normalgeschwindigkeit zu optimieren. Beim Start geht es jedoch NICHT ohne Seitenruder. Ob da nun ein Spornrad dran ist oder nicht, beeinflusst nur die Stärke der Korrekturen. Aber das Spornrad verhindert keinesfalls allein das Ausbrechen nach links.
Nungut, wir beschleunigen jetzt also gerade, weil wir entsprechend gegenlenken, sobald der Flieger in's Rollen kommt. Der Flieger beschleunigt und....klatscht rechts in's Gemüse. Hömpf?!
Naklar, das muss er wohl. Denn je schneller der Flieger wird, desto weniger Drall hat der Luftstrom des Propellers - er wird sozusagen durch die zunehmende Geschwindigkeit des Fliegers "gestreckt" und somit verliert sich die seitliche Wirkung auf das Seitenruder zunehmend. Demzufolge müssen wir beim Start gefühlvoll das Seitenruder loslassen - genau in dem Maße, wie der Druck auf's Seitenruder eben abnimmt.
Und DAS ist dann auch der Moment, da man das Höhenruder loslassen kann, falls man es gezogen haben sollte. Denn die Sache ist - je nach Fahrwerk - immer wieder anders. Das eine ist ein 3-Bein gelenkt, das andere ein 3-Bein ungelenkt. Dann das gleiche noch mit 2-Bein und gelenktem oder ungelenktem Spornrad. Und JEDES davon reagiert anders, weil das Sporn- oder Bugrad in dieser Situation IMMER "driftet". Aber wenn es gelenkt ist, driftet es anders als ungelenkt und wenn man zieht, kommt es auch noch drauf an, wieviel man zieht und wie das Höhenleitwerk vom Propellerwind angestrahlt wird oder nicht (Stichwort Motorsturz) usw. usw.
Also:
- Bei einem 3-Bein würde ich das HR in Ruhe lassen und mich nur auf's Seitenruder konzentrieren. Der Moment des Ziehens liegt idealerweise NACH dem Moment, wo das Seitenruder wieder gerade steht.
- Bei Spornrad würde ich - wie vom Helmut ja praktiziert - etwas ziehen, um den Moment des Abhebens des Spronrades HINTER den Punkt zu legen, wo das Seitenruder wieder ausgerichtet ist. Damit erzeugt man ein definiertes und kontrolliertes Startverhalten und der Eiertanz mit erhobenem Spornrad sollte weniger deutlich, im Idealfall komplett verschwunden sein. Das war vermutlich der Fehler: Als das Spronrad abhob, war die Situation keinesfalls bereits "bereinigt", darum bricht das Heck sofort aus, sobald es abhebt - sei es weil kein Seitenruder gezogen war, aber der Drall noch zu stark oder weil Seitenruder noch gezogen, der Drall aber bereits weg.
Ich fasse also zusammen (Spornrad):
- Höhenruder leicht ziehen, anrollen und sofort GEGENSTEUERN
- Beschleunigen und sukzessives nachlassen des Seitenruders
- wenn gerade, Höhenruder ebenfalls nachlassen
- sauber und gerade abheben
Beim 3-Bein genauso, nur ohne Höhenruderkorrekturen.
Fazit: Bei den leichten Styrobombern mit ihren gnadenlos übermotorisierten Antrieben tritt dieser Effekt auf glatter Piste besonders in Erscheinung - das ist der Preis für die modernen Kits mit senkrecht beschleunigenden Antriebsauslegungen, aber dennoch langsamen Flugeigenschaften. Man kann eben nicht alles haben.
Aber wenn man weiß, was da passiert, dann kann man das auch in Griff kriegen.