Vorgestern kam mein Freund Fridi zu mir in den Laden. Als ich zu unserem üblichen Begrüßungszeremoniell ansetzen wollte, überschüttete er mich mit einem Wortschwall: "Heli2000 Pro Xtreme, Hellburn 5000 Motor, Powerfuzz 250 Ampère Regler, 12S Rockpower 75C Lipo, Heli Xtreme Servoset, Superstabi 2000 Flybarless System Kombo mit 3D Ultrahard Blättern, 3D Ultrahard Heckblätter, Quattropower Plus Lader, Superrex 14 Kanal Fernsteuerung. Hast du Alles da?". Uff! Als ich zu einer kleinen Fachberatung ansetzen wollte, sagte er: "laß nur, ich habe mich bestens informiert und mir ohne Rücksicht auf die Preise die besten Komponenten rausgesucht". Das konnte ich bestätigen, also zeigte ich ihm den Bausatz des Helis. Seine Augen ersetzen beim ansehen der vielen Edelteile in hervorragender Qualität glatt die Beleuchtung im Laden. Als er sich den wirklich imposanten Motor ansah und erstmalig an der Motorwelle drehte, dabei das sanfte und doch energische Rastmoment fühlte, blitze es noch heller in seinen Augen. Beim Anblick des Reglers mit seinem Kühlkörper wurde er fast ehrfürchtig. Fachmännisch begutachtete er die Rotorblätter, strich mit einem Finger zärtlich die nicht fühlbar Trennlinien zwischen den verschiedenen Farben nach. In Gedanken hatten wir den Heli schon aufgebaut, eingeflogen und flogen nun auf der Weltmeisterschaft im 3D Kunstflug die Konkurrenz in Grund und Boden. Nach dem eindeutigen Sieg winkte mein Freund Fridi dem frentisch jubelnden Publikum mit einem Blumenstrauß zu, der ihm irgendwie in die Hand gelangt war.
"Zahlen, bitte!"
Wer wagt es, im Moment des Triumphes zu stören? Uh-oh, ein Kunde! "Entschuldigung, bin sofort bei ihnen!" Ich bat Fridi, nicht so mit den Carbonrohren herumzuwedeln und ging zur Kasse. Zurück bei Fridi sah er mich an und fragte, ob er noch etwas vergessen habe. "Ladekabel und Balanceradapter, sonst kannst du deinen Akku nicht richtig am Ladegerät anschließen." Ok, dann bitte gleich 2 Ladekabel-Sets und 2 Akkus, dann muß ich nach einem Flug nicht so lange warten. Fehlt sonst noch etwas?" "Ja," sagte ich, "Spezialwerkzeug. Sonst kannst du deinen Heli nicht zusammen bauen und später nicht fachgerecht warten und reparieren. Spezialgehärtete Inbusschrauber, Kreuzschlitz, kleine Zangen." "Gut, also Werkzeug". "Nimm am besten den Heli-Pro Werkzeugkoffer, da hast du Alles drin was du jemals brauchen wirst, außerdem ist die wichtige Pitcheinstellehre und der Drehzahlmesser auch gleich mit dabei. Kostet zwar einige Euro mehr, dafür hast du sehr gute Qualität", erwiderte ich. "Gut, also einmal den Werkzeugkoffer. Sonst noch etwas?" fragte er, nun schon deutlich verunsichert. "Motorritzel" sagte ich. "Nicht dabei?" fragte Fridi. "Nicht dabei" bestätigte ich. "Also ein passendes Motorritzel. Was fehlt noch?" "Der Empfängerakku mit BEC, da nimmst du für diesen Heli am besten das Set des Heli-Herstellers, das funktioniert sehr gut", schniefte ich. Erschüttert fragte Fridi, was er noch brauche. "Ersatzschrauben, man hat beim Zusammenbau schnell mehrere Schrauben vergriesgnaddelt und braucht dann schnell Ersatz griffbereit. Außerdem das Kabelset zum laden des Empfängerakkus". Weinend fragte Fridi, ob es das nun wäre. "8 mm Goldstecker für die Verbindung zwischen Flugakku und Regler, 6 mm Goldstecker zwischen Motor und Regler, Lötkolben mit 25 Watt für kleine Kabelarbeiten wie an Servokabeln, einer mit 60 bis 80 Watt für die Stromkabel und Goldkontaktstecker, dazu Elektroniklötzinn. Außerdem die Programmierkarte für den Regler, sonst ist er nicht auf den Helimodus einzustellen" schluchzte ich. Per Handzeichen gab er mir zu verstehen, daß er wissen wolle, was er noch benötige. Da fiel mir siedendheiß ein: Fridi besaß gar kein Auto! Er war mit seinen kleineren Helis immer mit seinem Fahrrad mit Anhänger zum Modellflugplatz gefahren, mit einer kleinen 12 Volt 20 Ah-Batterie. Die würde nicht mal ansatzweise dem Stromdurst der großen Akkupacks genügen. "Fridi, du kannst meinen Wagen kaufen", sagte ich mitfühlend, "erst 75.000 Kilometer, genug Platz selbst für mehrere große Helis, und am wichtigsten: mit einem 12 Volt Bordnetz mit 2 Stück 12 Volt 88 Ah Batterien".
Da brannte bei Fridi das BEC durch. Zuerst versuchte er, mich mit den Carbonrohren zu erschlagen. Als ich seinen Angriff abgewehrt hatte, versuchte er sich laut weinend mit einem kräftigen Schluck Blue Power Sprit mit 30 % Nitromethan das Leben zu nehmen. Nachdem ich Fridi in einem heroischen Kampf auf Leben und Tod den Spritkanister abgerungen hatte, legte er sich lang hin, weinte leise und war nicht mehr ansprechbar. Der sofort gerufene Rettungswagen kam bereits nach sehr kurzer Zeit und brachte meinen Freund Fridi in das nächste Krankenhaus. Zutiefst erschüttert blieb ich hinter dem Tresen im Laden zurück. Nach Feierabend kam Fridis Frau zu mir und erzählte mir, wie sehr sie doch menschlich von mir enttäuscht sein. Fridis Kinder beschmierten meinen Wagen mit Hetzparolen, und unsere gemeinsamen Freunde sagten sich von mir los. Aber ich habe noch andere Freunde. Eddi beispielsweise. Eddi möchte sich einen wettbewerbstauglich Heli kaufen...
_________________ Es wird oft gesagt "das geht nicht". Bis Jemand kommt der das nicht weiß - und es einfach tut
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